Die Farben der Welt Teil 2 Kapitel 1

Teil 2

schwarz und weiß

1

 

‚Gasthaus zum… Gasthaus zum…‘ grübelte Anders und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Bier. Schwacher Dunst von Pfeifenrauch stieg ihm in die Nase und das Knistern des Feuers trat erneut in den Vordergrund. Er hob gemächlich den Blick und sondierte den großen Schankraum. Dies war sein fünfter Versuch heute. Er hatte nichts, außer einem halben Namen. Nun ja, es war nicht Mal ein halber. Gasthäuser mit diesem Namen gab es in vielen Varianten in Midstadt. Es hatte die Auswahl stark eingeschränkt, doch es waren alles in allem noch über zwanzig übriggeblieben. Er hatte sich vorgenommen, sich jedem ein paar Stunden zu widmen, sich in den Schankraum zu setzen und nach etwas Ungewöhnlichem Ausschau zu halten. Bisher war die Suche erfolglos verlaufen. Nun saß er hier im Gasthaus zur kopflosen Gans und wartete. Der Schankraum war nicht sehr voll und hier von seinem Platz am Tresen konnte er zwar nicht alle Gäste beobachten, doch die Treppe, welche in den ersten Stock führte, war für ihn ohnehin von größerem Interesse. Wenn ein Gasthaus als geheimer Umschlagplatz für illegale Substanzen diente, dann würden sie ihr Geschäft nicht im Schankraum tätigen – so viel war sicher.

Der Wirt benahm sich wenig verdächtig. Er arbeitete hart und nahm sich keine Pause. Er sprach nur selten mit Gästen. Er nahm Bestellungen auf und eilte dann sofort davon. Es war genau wie in den anderen Gasthäusern auch. Anders war schlecht gelaunt. Er hatte keine Lust dazu, noch zehn oder gar fünfzehn weitere Orte abzuklappern. Der einzig Verdächtige war ein relativ junger Zwerg, der sich einige Stühle von ihm entfernt an den Tresen gesetzt hatte. Anders hatte den Mann nicht weiter beachtet, doch nachdem der Fremde nach mehreren Stunden immer noch keine Freunde getroffen hatte, hatte er seine Aufmerksamkeit erregt. Er schien den ganzen Abend auf jemand bestimmten zu warten. Er sah sich ab und an um, besonders, wenn die Tür sich öffnete. Es wirkte äußerst verdächtig. Anders behielt ihn im Auge und wartete, anstatt weiterzuziehen. Es war nur ein Gefühl, welches ihm sagte, dass mit dem Grimbar etwas nicht stimmte. Es war nicht viel, doch es schien ihm Grund genug zu sein, nicht schon wieder nach draußen zu müssen und quer durch die Stadt zu laufen.

Schweigend saßen sie Seite an Seite, während der Grimbar ihn gar nicht beachtete. Immer, wenn sein Blick durch den Schankraum streifte, sprang er achtlos über Anders hinweg. Vielleicht suchte er nach einem anderen Zwerg?

Plötzlich erregte ein Gespräch seine Aufmerksamkeit. Der Grimbar hatte dem Wirt eine Münze zugeschoben und unterhielt sich mit ihm.

„Möge Tarlens Segen mit euch sein, guter Mann.“ Stieß der Zwerg hervor. Seine Stimme war hart und kernig, wie die der meisten Grimbar, doch Anders fand, er klang dennoch irgendwie gutherzig. Alles in allem waren diese Tarlenspinner gläubige Männer. Vielleicht war er ja doch auf der falschen Spur?

Religion war nichts für Anders. In seinem ganzen Leben hatte er nichts damit anfangen können. Einige Götter agierten in der Welt der Lebenden und lenkten die Geschicke aller menschlicher Wesen. Es war nicht so, als wäre es eine Glaubensfrage – so wie bei den vielen Sekten, wo zweifelhaft war ob diese dunklen Götter überhaupt existierten. Anders gefiel es nur nicht, sich in die Hände eines übermächtigen Wesens zu begeben. Er bestimmte lieber selbst über sein Leben.

Der Wirt bedankte sich nun und Anders hörte, dass der Grimbar nach einem Elf suchte. Das Bild der blitzenden Augen, des gehobenen Schwertes und der langen, spitzen Ohren, welche sich vor dem Himmel abzeichneten tauchte vor seinen Augen auf. Konnte es sein, dass…?

Er horchte auf und sein Herz begann schneller zu klopfen. Er durfte sich nun nichts anmerken lassen. Aus dem Gespräch ging hervor, dass weder der Wirt, noch der Grimbar den Namen des Elfen kannten. Er wurde immer verdächtiger. Warum suchte er nach jemandem, dessen Namen er nicht einmal kannte?

Während Anders grübelte, schenkte der Wirt einen Krug ein und kam auf ihn zu. Er hatte ganz vergessen, dass er dem Wirt gesagt hatte, er solle stets nachfüllen, wenn er nichts mehr hatte. Anders beugte sich tief über seinen Krug und tat so, als würde er die beiden gar nicht beachten. Der Wirt knallte den gefüllten Humpen vor ihn und Anders musste an sich halten, nicht hochzuschrecken.

Anschließend kehrte der Wirt zu dem Grimbar zurück und sie setzten ihr kurzes Gespräch fort. Zum Abschied nannte er den Fremden Paladin. Anders war sich immer unsicherer, ob er nicht einen Fehler machte. Das Gefühl, irgendetwas stimme mit dem Grimbar nicht, ließ ihn jedoch nicht los.

Der Zwerg stand nun auf und ging. Anders blieb sitzen und überlegte. Was würde er nun tun?

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